Daoistische Elemente
Seit 20 Jahren bin ich Schülerin, seit 5 Jahren auch Lehrerin, einer daoistischen Bewegungskunst, Lishi genannt. Durch diese intensive Praxis hat sich im Laufe der Zeit nicht nur meine Lebenseinstellung und -gestaltung geändert, sondern auch meine Art, meinen Beruf auszuüben.
Seit einigen Jahren nutze ich Elemente meiner daoistischen Praxis auch gezielt in der Psychotherapie. Dies sind zum Beispiel:
Atemtherapeutische Übungen
Unser Atem ist eng verknüpft mit unserem Körper und Seele. Er spielt bei der Entwicklung von Stress und Ängsten, aber auch von Depressionen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Den Atem mittels dieser Übungen zu vertiefen, hat sich als ein wirksames Begleitelement bei der Überwindung verschiedener (vor allem Stress-) Problematiken gezeigt.
Die Lehre von Yin und Yang
Die daoistische Philosophie betrachtet das Leben im Spannungsfeld von Yin und Yang. Yin steht zum Beispiel für das Weibliche, das Kühle, das Ruhige, auch für die Nacht und das Weiche. Yang steht demgegenüber für das Männliche, das Warme, das Bewegte, auch für den Tag und das Harte.
Unsere Gesellschaft hat einen Yang-Überschuss, so auch die meisten von uns: Wir können besser tun als lassen, besser anspannen als entspannen, besser kämpfen als hinnehmen. Deshalb geht es – ob in der Psychotherapie, in der Supervision oder im Coaching – häufig darum, in allem das Lassen, das Akzeptieren, das Entspannen zu üben und zu praktizieren. Andererseits müssen Menschen, die sich zu viel gefallen lassen, zu viel nachgeben, ihr Yang stärken. So kommt aus der einen oder anderen Richtung mehr Balance ins Leben, und die bringt zusätzliche Lebensqualität.
Der Fokus auf die Balance im Leben unterstützt mich in meiner Arbeit wie eine beständige Begleitmelodie. Insbesondere bei der Motivation und Ermutigung für Veränderungsprozesse habe ich ihn sehr häufig als einen äußerst hilfreichen Rahmen erlebt.
Im Einklang mit den Rhythmen der Natur
Nach der daoistischen Lehre lebt der Mensch glücklich, der im Einklang mit den Rhythmen und Gesetzen der Natur lebt und sich also als Teil der Natur begreift. Viele Probleme ergeben sich auch meiner Erfahrung nach tatsächlich, wenn Menschen sich auf die ein oder andere Weise zu weit von der sie umgebenden, aber auch ihrer inneren Natur entfernen. Dieses Bewusstsein von unserem natürlichen Eingebundensein in das Netz der lebendigen Prozesse kann auch therapeutische Prozesse unterstützen.
Meine eigene daoistische Praxis
Daoismus, wie ich ihn verstehe, ist Lebenskunst: die Kunst, im Einklang mit den Gesetzen und Rhythmen des Lebens zu sein, die verschiedenen Bälle des Alltags mit Freude und mehr und mehr Leichtigkeit zu jonglieren, Denken, Fühlen und Tun miteinander auszubalancieren, sich dem Fluss des Lebens anzuvertrauen und dessen Untiefen zu navigieren.
Meine eigene daoistische Praxis bedeutet auch, als Psychotherapeutin, Supervisorin und Coach immer wieder eine gute Mischung zu suchen zwischen Engagement und Gelassenheit, zwischen verändern und akzeptieren, zwischen tun und lassen. Die Chinesen haben dafür einen Begriff: Wuwei – Handeln durch Nichthandeln!
Um diese Praxis zu festigen und zu vertiefen, bilde ich mich regelmäßig in den daoistischen Künsten der Familie Li (Lishi) fort.